„Wie lange hat der Dreh gedauert?“ – „Wie haben Sie die Schauspieler ausgewählt?“ – „Haben sich alle am Set gut verstanden?“
Diese und noch viele weitere Fragen durften die Schülerinnen und Schüler der Klasse 7d am 19.2.25 in ihrem Deutschunterricht per Videoschaltung direkt an Marco Kreuzpaintner, den Regisseur des Films „Krabat“, richten.
Kreuzpaintner lebt seit einigen Jahren in London und hat neben „Krabat“ zahlreiche erfolgreiche Filme und Serien produziert, z.B. „Der Fall Collini“ (2019), „Die Wolke“ (2006) oder „The Lazarus Project“ (2022), eine Serie, für die er 2023 den British Academy Film Award erhielt. In der sehr erfolgreichen US-amerikanischen TV-Serie „Those About to Die“ (2024) führt er zusammen mit Roland Emmerich aktuell Regie.
Doch wie kommt es dazu, dass ein solch berühmter Regisseur live im Unterricht Fragen beantwortet?
Die 7d hat im Deutschunterricht das Jugendbuch „Krabat“ von Ottfried Preußler behandelt und am Ende der Unterrichtseinheit auch die Verfilmung des Jugendbuches aus dem Jahr 2008 angeschaut. Der Buch-Film-Vergleich warf viele Fragen auf, sodass Frau Bertele spontan die Idee hatte, die Kinder eine gemeinsame Email an den Regisseur des Films verfassen zu lassen. Noch am gleichen Abend, an dem sie die Email an die Agenten Kreuzpaintners weitergeleitet hatte, meldete sich Marco Kreuzpaintner höchstpersönlich bei ihr per Email und bot ihr darin an, per FaceTimeCall alle Fragen der Kinder direkt im Unterricht zu beantworten. Seine private Telefonnummer hatte er gleich mit angegeben.
Nur sechs Tage später begrüßte Marco Kreuzpaintner, mit Basecap und Kapuzenpulli in der eigenen Küche in London sitzend, die staunenden Siebtklässler/innen über den Beamer im Klassenzimmer und beantwortete eine Unterrichtsstunde lang alle Fragen der wissbegierigen Schülerinnen und Schüler.
Zunächst wollte die Klasse wissen, warum er Regisseur geworden sei. Er sei als Kind sehr oft im Kino gewesen, bis ihm im Alter von ca. 14-15 Jahren klar geworden sei, dass er selbst Filme machen wolle, so Kreuzpaintner. Nach dem Abitur habe er ein Praktikum absolviert, seinen ersten Kurzfilm gedreht und sein erstes Drehbuch geschrieben und gleich einen Preis für den besten Kurzfilm erhalten, das habe ihn damals sehr motiviert, weiterzumachen.
Die Schüler/innen erkundigten sich anschließend, wieviele Filme und Serien er bereits gedreht habe und wie lange die Dreharbeiten zum Film „Krabat“ gedauert hätten. Er zählte einige aktuelle Filme und Serien auf und sie erfuhren, dass ein großer Teil der Außenszenen des Films „Krabat“ in Rumänien gedreht worden sei und dass die dort ursprünglich angesetzten 64 Drehtage nicht ausgereicht hätten, da es dort keinen Schnee gegeben habe. Diesen hätte man künstlich herstellen müssen, was nicht nur ca. 1,5 Millionen Euro gekostet, sondern auch 25 zusätzliche Drehtage erfordert habe. Die Gesamtkosten seien von ca. 12 Millionen auf fast 14 Millionen gestiegen.
Weitere Szenen des Films seien in Österreich (Hintertuxer Gletscher) und im Blasiwald im Schwarzwald gedreht worden, die Innenaufnahmen in Dortmund.
Die Frage, warum er gerade den Roman „Krabat“ verfilmt habe, begründete er damit, dass er diesen Roman als Kind gelesen habe und ihn sehr interessant fand. Er habe geglaubt, dass sich viele Menschen gerne diesen Film anschauen würden.
Auch die Fragen der Kinder zu den Einnahmen durch den Film, zur Auswahl der Schauspieler/innen oder zu einzelnen Charakteren beantwortete Kreuzpaintner offen, mit viel Geduld und sehr sympathisch. Dass ein Film nicht nur an der Kinokasse Geld bringe, sondern dass auch Fernsehsender ca. 1,5 Millionen für die Ausstrahlung eines Film wie „Krabat“ zahlen müssten, ließ viele Kinder staunen, ebenso die Gesamteinnahmen durch diesen Film in Höhe von ca. 50 Millionen Euro.
Der Verwunderung der Kinder darüber, dass die Figur Lyschko (gespielt von Robert StadloberI) im Film viel sympathischer als im Buch erscheine, entgegnete Kreuzpaintner, er vertrete die Auffassung, ein Mensch sei niemals von Natur aus „nur böse“. Lyschko sei in seinen Augen auch im Roman nicht grundsätzlich böse, vielmehr sei er böse „geworden“. Er als Regisseur habe diese Figur also im Film deshalb ambivalent dargestellt, da er die Ambivalenz als etwas typisch Menschliches erachte und Lyschko als „Mensch“ habe darstellen wollen.
Dass er Romanfiguren wie Pumphutt im Film weggelassen habe, erklärte Kreuzpaintner mit den durch den künstlichen Schnee deutlich gestiegenen Kosten für den Film.
Und dass der Meister im Film die Augenklappe rechts, nicht links (wie im Buch) trage, habe einfach an der Sehschwäche des Darstellers auf dem rechten Auge gelegen.
In der Antwort auf die Frage, worauf er im Film besonders geachtet habe, verwies Kreuzpaintner auf das Drehbuch und auf die Gesamtplanung, die Auswahl der Orte, das Design und die Schauspieler/innen. Außerdem müsse die Geschichte „stimmen“, das bedeute, der PlotPoint müsse stark genug sein, ebenso die Kameraeinstellungen.
In diesem Zusammenhang wurde er auch auf die „wackelnde“ Kameraführung in der Dorfszene angesprochen und er erklärte den Siebtklässler/innen, dass es sich hierbei um einen bewusst gewählten Effekt handle, der zur lebhafteren Gestaltung beitrage – ein für Actionfilme ganz typischer Effekt.
Schließlich erklärte er noch, an welchem Film er gerade arbeite und dass er im März wieder nach Rom fliege, um die 2. Staffel der Serie „Those About to Die“ dort fortzusetzen.
Der FaceTimeCall war ein großartiges und einzigartiges Geschenk Marco Kreuzpaintners an die ganze Klasse. Die Siebtklässler/innen waren sehr beeindruckt, dass ein derart berühmter Regisseur so „nahbar“ sei und ihnen so spontan und selbstlos 45 Minuten seiner wertvollen Zeit geschenkt habe. Daran werden sie sich wohl noch lange zurückerinnern.
